Sucht ist das alte und allen germanischen Sprachen gemeinsame Wort für Krankheit und ist seit dem 8.Jahrhundert im Althochdeutschen bezeugt als ‘suht’ (gesprochen mit hartem h). Auch im Altsächsischen und Altenglischen schrieb man ‘suht’, schon früher, im Gotischen, ‘saúhts’, im Altnordischen ‘sott’ (vgl. Pfeifer 1995:1393).
Gebraucht wurde es für alle Krankheiten, außer für durch Verletzung oder Unfälle verursachte. Es gab die schwere, böse, giftige und grimme Sucht, die heiße und die kalte, die gelbe, rote, schwarze, weiße, die welsche, die ungarische und die englische, die geile und die natürliche, nebst unzähligen anderen Formen. Mit Sucht wurden Fieber, Pest und Lepra (Miselsucht) bezeichnet. Bis heute überlebt hat der Begriff Gelbsucht (Icterus bei Leberentzündungen), bis vor kurzem waren noch üblich Schwindsucht (Phtisis bei Tbc) und Fallsucht (Epilepsie) (vgl. dazu Grimm 1942: XX,871ff; auch Rieger 1905:27ff).
Die indogermanische Wurzel des Wortes ist zwar umstritten, es wurden jedoch mehrere Vermutungen angestellt. Eine der plausibelsten Erklärunge ist die Herkunft vom alten indogermanischen Wort für ‘saugen’, welches etwa ‘suk’, ‘sug’, ‘seuk’ oder ‘seug’ lautete. Diese Deutung stammt von Lid 1934, und er hat „auf die alte Vorstellung verwiesen, nach der Dämonen dem Kranken das Leben aussaugen“ (vgl. Pfeifer 1995:1289).
Pokorny dagegen nimmt eine Verbindung zum armenischen ‘hiucanim’ = ‘sieche hin’ und mittelirisch ‘socht’ = ‘Schweigen, Depression’ an, verweist aber auch auf ‘seug’ als Gutturalerweiterung zu ‘seu’ = ‘tropfen, saugen’ (was übrigens auch das Stammwort für ‘saufen’ ist) (vgl. Pfeifer 1995:1170; Pokorny 1959:912f). Alle übrigen Erklärungen wurden von seriösen Sprachwissenschaftlern verworfen (vgl. Grimm 1942: XX,859).